18. Dezember 2009

Konstanz: Wirte fühlen sich diskriminiert

18.12.09 - Konstanzer Gastronomen sind entsetzt: Sie sehen in der neuen Sperrzeitregelung der Stadt eine Diskriminierung ihres Gewerbes und einen Wettbewerbsnachteil für Konstanz. Ab 1. Januar 2010 müssen alle linksrheinischen Gaststätten und Kneipen von Montag bis Donnerstag um ein Uhr schließen - auch an der Hafenmeile.

Südkurier Kreis Konstanz
Manfred Hölzl ist sehr enttäuscht. Der Wirt der Konzilgaststätte und Ortsvorsitzender des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) findet es „unglaublich schade, dass wir Gastronomen nun keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr haben. Ich fühle mich als Wirt diskriminiert.“ Nach der neuen Sperrzeitregelung, die der Gemeinderat gestern bei sechs Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen beschlossen hat, darf er sein Restaurant künftig sechs Stunden in der Woche weniger öffnen als bislang. Noch können seine Gäste von Montag bis Donnerstag bis zwei Uhr nachts bleiben, die restlichen Nächte bis drei Uhr. Doch künftig zählen auch die Betriebe an der Hafenmeile zur Altstadt und müssen von Montag bis Donnerstag um ein Uhr schließen, in der Nacht auf Samstag um zwei Uhr und in der Nacht auf Sonntag um drei Uhr. „Wir Wirte werden verstärkt kriminalisiert, weil wir gegen das Gesetz verstoßen müssen“, sagt Manfred Hölzl. „Ich habe auch unter der Woche Veranstaltungen und kann meine Gäste nicht immer um ein Uhr rauswerfen.“ Als er das letzte Mal die Sperrzeit überzogen hat, musste er 250 Euro bezahlen. Wer öfter dabei erwischt wird, verliert seine Konzession. „Ich sehe es auch nicht ein, flächendeckend Sperrzeitverkürzungen zu beantragen“, sagt Hölzl. Eine Stunde Überschreitung der Sperrzeit kostet in den Konzilsälen pro Stunde 40 Euro, im Restaurant etwa 25 Euro. Der Gastronom hat für sich schon einen Beschluss gefasst: Die Narren werden ihr Feierabendbier nach der Fernsehfasnacht im Konzil sehr schnell trinken müssen. „Die Veranstaltung findet nächstes Jahr an einem Dienstag statt und ich werde pünktlich um ein Uhr schließen“, sagt Hölzl.

Auch Dieter Wäschle, Hotelier und Dehoga-Vizepräsident des Landes, findet deutliche Worte. „Die neue Regelung schadet der Gastronomie und ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß“, schimpft er. Ihn ärgert vor allem, dass die Gemeinderäte nur über den Lärm diskutiert haben, nicht aber über die wirtschaftliche Lage der Wirte. „Beim Lärm hätten wir schon eine Lösung gefunden“, sagt Dieter Wäschle. „Aber einige Betriebe werden wohl dicht machen, weil es sich jetzt für sie nicht mehr lohnt.“ Er selbst hat mit der neuen Verordnung kein Problem, wollte aber für die Kollegen kämpfen. Deshalb ärgert es ihn, dass Anselm Venedey, Inhaber des Café Wessenberg und Freie Wähler-Stadtrat, für die moderate Sperrzeitverkürzung ist und nicht für die liberalere Landesverordnung. Diese sieht vor, dass Gaststätten unter der Woche bis drei Uhr öffnen dürfen, in den Nächten auf Samstag und Sonntag sogar bis fünf Uhr. „Herr Venedey ist aus dem Dehoga ausgetreten und spricht nur für sich. Das finde ich nicht sozial“, so Wäschle.

Die Stadträte waren geteilter Ansicht, ob die Stadt der Landesverordnung folgen soll oder nicht. Letztlich scheiterte FGL-Stadträtin Charlotte Dreßen mit ihrem Antrag, die Landesregelung für ein Jahr auf Probe umzusetzen. Nur acht Räte waren dafür. Charlotte Dreßen sagte: „Wir sind eine Touristen- und Studentenstadt, aber auch genug Konstanzer gehen gern aus. Ihnen müssen wir was bieten. “ Dies meint auch Klaus-Peter Kossmehl (CDU), der nicht einsieht, warum für rechtsrheinische Kneipen andere Sperrzeiten gelten (unter der Woche bis zwei Uhr, in den Nächten auf Samstag und Sonntag bis drei Uhr). „Die Altstadtbewohner dürfen nicht gestört werden, die Wollmatinger aber schon?“, fragte er. Anne Mühlhäußer (FGL) sprach als geplagte Innenstadtbewohnerin: „Wir ertragen sehr viel Lärm. Das fängt mit den Kehrmaschinen an und auch Straßenmusik kann auf Dauer auf die Nerven gehen.“ Ein gutes Miteinander von Anwohnern und Gastronomie müsse möglich sein.