01.11.09 - Hallo, Ihr Daheimgebliebenen. Hier ist es wunderbar. Das Wasser ist sauber, der Tisch ist reich gedeckt, die Armleuchteralgen schmecken köstlich und die Menschen sind alle sehr nett. Grüße vom Bodensee, Eure Kolbenente“.
Könnte das schmucke Federtier schreiben, könnte die Ansichtskarte tatsächlich so lauten. Denn es gibt gute Nachrichten vom See: Sein Wasser ist sauber, viele Tiere und Pflanzen profitieren davon, berichtet der Südkurier Konstanz.
Die schmucke Kolbenente ist mal wieder Gast am Bodensee. Tausende
Wasservögel überwintern in der Region - ein besonderes Schauspiel.
Bild: Archiv Südkurier.
Fischer klagen über zurückgehende Fangerträge. Denn manche Fische haben im überdüngten Wasser gelebt wie im Paradies. Der Barsch etwa, auch Kretzer genannt, wird immer seltener aus dem Wasser gezogen. Harald Jacoby, Vogelexperte vom Naturschutzbund (Nabu), hat dagegen das große Ganze im Blick: „Die Stabilität der Natur geht vor. Ein Gewässer, das so belastet war wie der Bodensee, muss saniert werden.“ Es ist gelungen, wie der Ansichtskarte unserer Kolbenente zu entnehmen ist. Mittlerweile machen bis zu 15 000 dieser Art mit dem auffallenden braunen Kopf und dem roten Schnabel „Winterurlaub“ am Bodensee. Früher waren es vielleicht 3000 bis 4000 Paare, berichtet Harald Jacoby. „Das hängt mit der Wasserqualität des Bodensees zusammen.“ Die Kolbenente, die sich vegetarisch ernährt, findet schlichtweg wieder Nahrung: die seltene Armleuchteralge. Mittlerweile sind es ganze Wiesen am Seegrund – ein reich gedeckter Tisch eben.
Den Fleischfressern geht es nicht schlechter. Im Konstanzer Trichter etwa halten sich zurzeit schon Tausende Tafel- und Reiherenten auf, die ins Wasser tauchen, um Muscheln vom Grund zu holen. Vögel, die gründeln, sind dagegen überwiegend im Ermatinger Becken auf dem Seerhein zu finden: Schnatter- und Krickenten.
„Wir haben eine treue Kundschaft, die jedes Jahr kommt“, erzählt der Vogelfachmann. Woher die einzelnen Enten genau stammen, kann er nicht sagen, doch das Einzugsgebiet erstreckt sich von Skandinavien über das Baltikum bis nach Sibirien und auf nordöstliche Länder, wie Polen oder Tschechien. Die ersten reisen schon im Spätsommer an, die typischen Wintergäste wie Singschwäne oder Prachttaucher kommen erst Mitte Oktober. „Es ist ein sehr komplexes Verhalten, das vom inneren Kalender der Vögel beeinflusst ist, dem aktuellen Wettergeschehen und drittens, was es an guten Rast- und Überwinterungsgebieten gibt.“
Die Faszination des Vogelzugs ist ungebrochen. Die Kolbenente ist dabei ein Spezialfall, wie Jacoby berichtet: „Mit ihr bekommen wir Gäste aus Spanien und Südfrankreich.“ Wenn die Gewässer im Sommer dort austrocknen, machen sich die Vögel auf den weiten Flug nach Norden.
Kolbenenten sind in Deutschland eine Rarität, doch am Bodensee sind sie das ganze Jahr über zu beobachten. Zwischen 200 und 300 Paare leben hier fest, doch nur ein kleiner Teil brüte erfolgreich. Denn die Natur hat auch andere Seiten: „Dieses Jahr war es eher mau, weil viele Gelege überschwemmt wurden.“ Insgesamt habe die Art hohe Ansprüche an ihren Lebensraum. Zudem sei der Platz am stark touristisch genutzten Bodensee eng. Im Wollmatinger Ried haben nach seiner Schätzung im Sommer insgesamt nur rund 3000 Vögel Platz. Im Winter sind es in diesem Bereich, inklusive Ermatinger Becken, bis zu 30 000.
Viele Menschen lieben es, Kolbenente und Co. in den Wintermonaten zu beobachten. Sie sollten aber respektvoll Abstand halten, rät Jacoby. „Der wichtigste Tipp ist: Augen offen halten.“ Denn der Winter sei für Vögel schwer genug, jede Störung kann tödlich sein. Für alle Naturfreunde sind die Wintergäste aber ein besonderes Erlebnis: „Man darf die Chance nutzen, von der Natur einen so reichen Ausschnitt geboten zu bekommen.“ Weiter Fotos >