16. Februar 2010

Konzerthaus-Gegner formieren sich

16.02.10 - Zu viel Geld, zu viel Verkehr und das Aus für eine wichtige Grünfläche direkt in der Stadt: Die Gegner des Konzert- und Kongresshauses werden aktiv. Für die kommenden Wochen versprechen sie einen regelrechten Wahlkampf, wie heute der Südkurier Konstanz berichtet

Das beim Fasnachtsumzug am Sonntag verteilte Flugblatt habe mit der Gruppe, für die er spricht, nichts zu tun, erklärte Günther Schäfer auf Anfrage. Es zeigt eines der Plakatmotive der Befürworter-Initiative „Bürger für Konstanz“.


Kampagne für das Konzerthaus auf Klein Venedig, Flugblatt dagegen: Die Auseinandersetzung ist in ihre heiße Phase eingetreten. Bild: Hanser

Der Text zu dem Foto von Marcus Nabholz, dem Präsidenten der Narrengesellschaft Kamelia Paradies und Andreas Kaltenbach, dem Zunftmeister der Blätzlebuebe, ist abgeändert: „In Konstanz sind nur Narren für das KKH“ heißt es dort. Wer die Urheber des Zettels sind, ist unklar, und ebenso offen ist, ob sie gegen die bestehenden Urheber- und Bildrechte verstoßen haben.

Günther Schäfer sagte, seine Gruppe setze vor allem auf Argumente. Im Zentrum stehen dabei die Themen Finanzen und Verkehr. Angesichts der Millionenprojekte, die Konstanz auch ohne Konzert- und Kongresshaus zu schultern hat, sei eine weitere Belastung der Steuerzahler verantwortungslos.

Überrascht hat die Initiative „Nein zu Klein-Venedig“, dass Stadtkämmerer und Projektsteuerer Hartmut Rohloff ausgerechnet zum Beginn der heißen Wahlkampf-Phase laut über Steuererhöhungen nachgedacht hat. Dass die Nerven dabei mitunter blank liegen, belegen zwei Reaktionen von Stadträten aus dem Pro-Lager. Sie haben sich in Mails weitere Zusendungen aus den Reihen der Kritiker ausdrücklich verbeten.

Dass die Kosten 63,5 Millionen Euro für das Haus nebst Außenanlagen und Bahn-Unterführung eingehalten werden können, bezweifeln die Gegner. Günther Schäfer sowie seine Mitstreiterinnen Angela Büsing und Gabriele Weber verwiesen auf Folgekosten durch die Altlasten-Sanierung der ehemaligen Müllkippe Klein Venedig.

Auch die Prognosen, einen Kredit über 20 Jahre mit nur 4,5 Prozent Zinsen zu erhalten, seien utopisch. Zudem werde vernachlässigt, dass die vom Rat gebildete Rückstellung von 13 Millionen Euro sonst ja anderen Projekten in der Stadt zugute komme. Der von der Stadtverwaltung genannte Betriebskostenzuschuss von 300 000 Euro im Jahr sei „tiefgestapelt“.

Wie sehr die Auseinandersetzung an Schärfe gewonnen hat, zeigt sich auch daran, dass die Gegner bereits konkrete Schritte benennen, die Verwaltung und Ratsmehrheit ihrer Ansicht nach unternehmen könnten, um die Konzerthaus-Kosten zu decken. So geht Schäfer davon aus, dass der Zuschuss zum Schul-Mittagessen ebenso bedroht ist wie die Zuschüsse für die Vereine. Bei diesen und anderen so genannten freiwilligen Leistungen drohten schwere Kürzungen, sagt Schäfer. Auch in Freiburg habe es nach dem Bau des dortigen Konzerthauses einen „Kahlschlag“ bei Kultur und Sozialem gegeben.

Zweiter großer Ansatzpunkt der Gegner ist der Verkehr. Offenbar erst auf Initiative der Gruppe „Nein zu Klein-Venedig“ wurden in Kreuzlingen der alternative Verkehrsclub der Schweiz (VCS) sowie die Schweizer Abteilung der Umweltorganisation WWF tätig und hat förmlich eine Beschwerde gegen die Zufahrt zum Parkhaus von Schweizer Seite her eingereicht. Überdies sei die Feinstaub-Belastung vor allem in der Bodanstraße schon jetzt „bedenklich“, so Schäfer.

Da das neue Parkhaus schon aus wirtschaftlichen Gründen auch tagsüber für den Einkäuferverkehr dienen müsse, drohe eine weitere Verschlechterung. In den von der Stadt vorgesehenen Kosten seien die in dem von Verkehrsplaner Klaus Zweibrücken verfassten Gutachten zur Verkehrsentlastung nur in kleinen Teilen eingerechnet. So fehlten etwa die vorgeschlagenen zwei weiteren Buslinien oder der Bau eines S-Bahn-Haltepunkts im Gleisdreieck in Richtung Romanshorn. Angela Büsing, selbst aktiv im Deutsch-Schweizerischen Motorboot-Club DSMC, verweist auf Probleme für die Wassersportler, die an den Frühjahrs- und Herbstwochenenden mit ihren Booten auf Anhängern durch die Innenstadt müssten.

Ihre Positionen wollen die Kritiker bis zum 21. März vor allem auf Plakaten verbreiten, zudem planen sie viele Veranstaltungen. Dass da David gegen Goliath kämpfen könnte, schreckt die Klein-Venedig-Gegner nicht: „Wir werden auch ohne teure Werbeagenturen überzeugen, weil wir einfach die stärkeren Argumente haben“, sagt Gabriele Weber. Wie das geht, hat sie schon 2003 erlebt: Auch beim ersten Bürgerentscheid zum Thema hatte sie sich auf der Gegner-Seite engagiert.